Rheinsteig, die Dritte!

Das heißt: Fast 3.000 Höhenmeter auf ca. 80 Kilometern in 4 Tagen gewandert, dabei sehr viele beeindruckende Impressionen gesammelt und eine richtig gute Zeit gehabt. Das war die dritte Rheinsteigetappe von Braubach bis Lorch in einem Satz.

Am Wochenende um Fronleichnam haben sich 13 Personen am Bahnhof Wiesbaden getroffen und sind mit dem Zug nach Braubach gefahren. Lediglich 3 Wanderer aus der Gruppe hatten mit Matthias Weber, dem Wanderleiter, bereits die ersten zwei Etappen absolviert.

Es ging direkt an der Marksburg, der einzigen unzerstört gebliebenen Höhenburg im Mittelrheintal, los. Die „Eroberung“ der Burg startete vom Ortskern Braubach aus auf einem Serpentinenpfad. Geschichten um Burgen, Kriege und das Leben im Mittelrheintal haben uns über die ganzen vier Tage hinweg intensiv begleitet. Über den Pilgerpfad entlang am Dinkelholder Bachtal und Sauerbrunnen gelangten wir nach Filsen. Nach schöner Rast im 60er Jahre Ambiente ging’s im Serpentinenaufstieg hoch zu einem Aussichtspavillon mit grandiosem Blick auf Boppard und die Filsener Ley mit den Burgen Liebenstein und Sterrenberg. Diese Burgen werden nach einer Sage aus dem 16. Jhd. die feindlichen Brüder genannt. Feinde wurden sie im Streit um eine schöne Frau. Über einen Naturlehrpfad durch den Wald gelangten wir zu unserem ersten Ziel, dem Gartenhotel in Kamp-Bornhofen. Bei schwülheißem Wetter hatte dieser Tag mit ca. 1.200 Höhenmetern bei 32 Grad im wahrsten Sinne viele Höhen und Tiefen.

Am zweiten Tag ging es bei optimalem Wetter nach St. Goar. Auch hier prägten spektakuläre Ausblicke, Burgen und Infos zum ehemaligen Erzabbau den Tag. Der Abbau, der über zwei Jahrhunderte die Gegend um Braubach und Kamp prägte, hinterließ Zeugnisse dieser Zeit. Auf Infotafeln wird der Wanderer über die Geschichte des Erzabbaus sowie Fauna und Flora des Mittelrheintales informiert. So existierte z.B. ein Verbindungstunnel von der Erzgrube rechtsrheinisch und Aufbereitungsanlage linksrheinisch unter dem Rhein hindurch. Dieser wurde 1945 gesprengt, um eine Durchbrechen der Amerikaner zu verhindern. Der Tunnel wurde nach dem Krieg aber wiederaufgebaut und zum Transport des Erzes genutzt. 1961 wurde die Grube aufgrund sinkender Weltmarktpreise geschlossen.

Die Tour verlief weiter über eine Hochebene nach St. Goarshausen. Im Zentrum der Blicke lagen immer wieder sehr erhaben die mittelalterlichen Burgen Katz und Maus. Diese konnten wir am Abend von der gegenüberliegenden Rheinseite bewundern, denn wir übernachteten in St. Goar. Am dritten Tag verlief die Strecke von St. Goarshausen über die Loreley nach Kaub und wird zu Recht die Königsetappe genannt.

Die Geschichte der Loreley scheint uns ja allen bekannt. Eine blonde Schönheit bezirzte die Schiffer und abgelenkt stürzen sie ins Verderben. Aber, wir haben gelernt, dass diese Version nur ein Beispiel dafür ist, was Literatur anrichten kann. Die „Lore Lay“ mit dem güldenen Haar geht auf eine Kunstfigur aus einer Ballade von Clemens Brentano, angelehnt an ein mittelalterliches Märchen, zurück. Die Ballade wurde von Matthias an diesem geschichtsträchtigen Ort zum Besten gegeben. Es war herrlich! Unumstritten ist aber der Begriff „Ley“, der einen Fels oder Stein bezeichnet. Der erste Teil des Namens die „Lore“ könnte vom mittelhochdeutschen luren (lauern) stammen, also ein „lauernder Fels“, der in der Tat vielen Schiffern durch die Untiefen und Sandbänke im Rhein zum Verhängnis wurde.

Der Weg weiter nach Kaub führte über eine Hochebene über einen wunderschönen Hangpfad durch Eichenwälder. Es folgt ein mit Tauen versicherter Aufstieg durch felsversetztes Gelände hinauf zu einem Aussichtspavillon auf dem Roßstein. Über die Dörrscheider Heide folgten wir abwärts einem felsigen Pfad nach Kaub. Entlang des Abstiegs wurden wir mit herrlichen Ausblicken auf den Rhein mit der Pfalz Kaub und der Burg Gutenfels belohnt. Zahlreiche alte Weinbergsmauern und eine artenreiche Flora säumten den reizvollen, stellenweise mit Geländern gesicherten Pfad.

In dem hübschen und interessanten Ort Kaub, mit Blüchermuseum und mehr erholten wir uns am Abend bei einer spontan arrangierten Weinprobe „In Däuwel`s Küch“ bei W. Kunz, einem aktiven Alpenvereinsmitglied der Wiesbadener Sektion. Auch hier erfuhren wir viel über den sehr beschwerlichen Weinbau in felsiger und steiler Lage. Am nächsten Tag durchwanderten wir den ehemaligen Freistaat Flaschenhals. Die Geschichte um dieses besondere Territorium von Roßstein bis Bodenthal bei Lorch, hinauf bis Laufenselden im Taunus ist mehr als kurios. Der Freistaat existierte auf Grund einer Planungspanne der Alliierten vier Jahre lang von 1919 – 1923. Der Weg führte uns durch Weinberge und Eichenwälder mit schönen Blicken auf den Ort Bacherach , die Burg Stahleck die Kauber Werth sowie den alten Rheinzoll Pfalzgrafenstein. Durch verwilderte Weinberge wanderten wir auf dem Kauber Panoramaweg durch die sonnigen Südhänge des Engweder Kopfes hinab ins Retzbachtal. An der Ruine Nollig vorbei ging es dann steil bergab nach Lorch und mit der Bahn von dort wieder heimwärts.

Erstaunt und betroffen gemacht hat viele Teilnehmer der etwas marode Charme und der große Leerstand innerhalb der Ortschaften mitten im Weltkulturerbe. Wir sind durch die schönsten Landschaften gewandert und haben uns an beeindruckenden Ausblicken erfreut. Dennoch, dort zu leben ist eine ganz andere Sache. Den Lärm der vorbeifahrenden Züge haben wir zur Kenntnis genommen, sind aber froh, dass bei uns keine Eisenbahn stündlich am Haus vorbeirauscht.

Dass sich dieser Umstand zum Wohle aller dort lebenden Menschen ändert, bleibt zu hoffen.

Insgesamt war es eine sehr beeindruckende, interessante, anregende und abwechslungsreiche Tour. Das unkomplizierte und herzliche Miteinander der Teilnehmer/innen und die professionelle Leitung durch Matthias Weber machten es zu einem durchweg gelungenen Erlebnis. Ein herzliches Dankeschön im Namen der Gruppe an Matthias Weber, der mit der perfekten Planung, seinem Vortrag der Loreleyballade, seiner detaillierten Geschichts-und Ortskenntnis sowie mit unschlagbarem Doppelkopfspiel uns alle beeindruckt hat.

Rheinsteig, die Vierte, ich bin auf jeden Fall dabei!!

Anne-Kathrin Goerlich