Vier Tage Rätikon im Vorarlberg. Bergsteigen! Beim DAV nennt sich das Grundkurs Bergsteigen. Wir treten an, um uns mit Klettersteigen, Schnee- und Geröllfeldern, Sicherungs- und Falltechniken auseinanderzusetzen. Wir, das sind elf Teilnehmer und vier Guides. Eine Truppe zwischen 17 und 60 Jahren, wild gemischt, die eines verbindet: Wir sind relative Frischlinge im Bergsteigen mit Neugierde und Offenheit dafür, die eine oder andere eigene Grenze zu erkunden und zu verschieben.
Wir reisen an. Donnerstag, 5:20 Uhr geht’s mit der Bahn in Wiesbaden los. Um 12 Uhr sind wir in Tschagguns, das ging trotz mehrmaligen Umsteigen super reibungslos. Weiter geht’s mit der Golmbahn auf die Mittelstation und dann Zwei-Stunden-Fußmarsch auf die Lindauer Hütte. Die Truppe lernt sich allmählich kennen. Es herrscht eine lustige Stimmung, die freudige Erwartung auf das Kommende ist zu spüren. Vor uns liegen drei Tage mit viel praktischer Ausbildung, Gipfelerstürmung und ein „richtiger“ Klettersteig mit 260 Höhenmetern. Mit Uta, Irmi, Annette und Guido haben wir vier erfahrene Bergsteiger, die uns beim Eintauchen in die alpine Bergwelt zur Seite stehen.
Aber erstmal machen wir es uns in der Lindauer Hütte bequem. Die Hütte war eine sehr gute Wahl, das wird sich bald herausstellen. Die Nächtigung mit unserer 15- köpfige Truppe in einem Bettenlager ist eine neue Erfahrung. Aber auch nach drei Nächten möchte das keiner missen. Gut war’s. Wer hätte das gedacht.
Neue Erfahrungen verschieben Grenzen.
Was und wie werden wir in den vier Tagen lernen? Viel über Grundprinzipien am Berg, Materialkunde, deren Wichtigkeit und Funktion, Sicherungstechniken und, und, und. Immer in der Praxis, immer in Aktion, immer verständlich, zum Erleben und mit Spaß. Uta macht das sehr gut und professionell.
Sie vermittelt uns die Schönheit der Berge, des Bergsteigens und weckt die Lust und den Mut in uns. Wir lassen uns darauf ein. Danke Uta! 👍
Die Bergkulisse zieht uns in ihren Bann. Massive Steinformationen bis 2.800 Meter hoch strecken sich uns entgegen. Da sollen wir hoch?
Das ging bisher nur mit der Seilbahn oder vorm Fernseher mit Reinhold Messner. Der Anblick ist respekteinflößend.
Unsere Guides machen uns Mut.
Allen voran Guido. Immer mit einem lockeren aber erfahrenen Spruch auf den Lippen. Das hilft! Danke Guido! 👍
Tag 1: Schnee-, Firn- und Geröllfelder gilt es zu durchqueren. Wir haben dicke Handschuhe, Gamaschen, Regenhosen und Regenjacken dabei. Warum eigentlich?
zwei Stunden später wissen und schätzen wir es, stürzen uns lachend aber konzentriert bäuch- und rücklings ein Schneefeld hinab, drehen und fangen uns. Fallen will gelernt sein! Es ist nichts mehr von Angst, wohl aber sind Respekt und zunehmende Sicherheit zu spüren.
Weiter geht’s gegen Gipfel. Der Weg ist das Ziel. Bergauf wird es ruhiger. Die Truppe ist homogen und zügig unterwegs. Jeder ist mit sich beschäftigt. Es ist anstrengend, aber die Truppe findet sich immer mehr.
Da taucht ein riesiges, steiles Schneefeld vor uns auf. Haben wir uns verlaufen?
Uta schüttelt verheißungsvoll den Kopf. Das hatten wir befürchtet. Das Queren von Schneefeldern sowie der Auf- und Abstieg darin gehören zum Ausbildungsprogramm. Wären wir nicht im Team mit erfahrenen Bergsteigern unterwegs, würde wir an dieser Stelle umkehren.
Wir machen uns in Gänseformation daran, die gefühlten 150 Höhenmeter gemeinsam zu meistern. Gemeinsam schaffen wir das! Wir wechseln uns bei der anstrengenden Führung ab und meistern das Hindernis. Weiter geht’s durch Geröll gegen Gipfel. Wir sind zum Team gewachsen.
Der Gipfel auf „unglaublichen“ 2.782 Metern entschädigt uns für unsere Mühen und den Schweiß. Adrenalin pur. Vergessen sind die Anstrengungen. Aber auch der Abstieg durch Geröll, Schnee, Kieferbewuchs hat es in sich. Am Ende werden es 1.200 Höhenmeter, einige Ausbildungseinheiten und eine Zehn-Stunden-Tour.
Wir sind geschafft. Haben viel gelernt und Schwierigkeiten gemeinsam gemeistert.
Neue Erfahrungen verschieben Grenzen.
Tag 2: Klettersteig ist angesagt. Beim Frühstück schauen wir aus dem Fenster auf die Steilwand und den Gipfel.
Da sollen und wollen wir hoch?
Wir kennen den Klettersteig aus dem Steinbruch. 20 Meter hoch. Heute haben wir im Steig 260 Höhenmeter vor uns. Kategorie A, B und C.
Wieder steigen wir erst einmal 700 Höhenmeter durch Kiefern und Felsen bis zum Einstieg auf. Es wird zunehmend ruhiger.
Zum einen ist der Aufstieg anstrengend, zum anderen ist jeder mit sich beschäftigt. Wie werden wir das schaffen? Annette läuft hinten und hält die Truppe zusammen. Im Klettersteig wird sich das als wichtig und nützlich herausstellen.Beim Einstieg angekommen rüsten wir uns auf. Klettergurt und Klettersteigset. Die Anspannung wächst. Uta nordet uns ein. Die Reihenfolge wird festgelegt. Klettersteig ist Teamarbeit. Wir helfen uns gegenseitig und machen uns Mut. Los geht’s.
Es startet sacht, aber jeder sieht schon die Steilwand vor sich. Da oben sind Menschen. Also ist es zu schaffen!
Wir konzentrieren uns, Sprosse für Sprosse,
Griff für Griff.
Und es geht. Schritt für
Schritt bekommen wir Sicherheit.
Wir kommunizieren, coachen uns gegenseitig, sprechen uns Mut zu. Werden unterwegs mit Höhlen und traumhaften Aussichten belohnt.
Ein starkes Team.
Für einen ist es Ponyhof 😜, nur kann er bisher nicht wirklich reiten. Der Klettersteig lässt uns schnell unsere Grenzen klarer werden. Und doch recht einfach überwinden.
Einfach weiterklettern! Gemeinsam und mit Willen. Es ist schon enorm, wie gut diese Schuhsohlen am Fels haften.
Guido mutiert zum Personal-Coach im Steig und hilft über schwierige physische und mentale Klippen hinweg. Annette hält das Team zusammen.
Irmi gibt gute Tipps, Uta führt die Gruppe an. So eingerahmt schaffen wir den Steig mit seinen 260 Höhenmetern gemeinsam.
Oben angekommen wird abgeklatscht, Augen strahlen über das Geleistete. Ein riesiges Gefühl.
Ein tolles Team ist weiter zusammengewachsen.
Neue Erfahrungen verschieben Grenzen.
Den Abstieg über große Geröllfelder im Sliderschritt und Schneefelder in Falllinie kennen wir ja schon vom Vortag. Ein Klacks für uns 😇.
Diese Felder wäre allein wohl keiner von uns gerne abgestiegen. Gemeinsam wagen wir es. Als Team sind wir zuversichtlich und guter Dinge, dabei gehen wir achtsam miteinander um.
Neue Erfahrungen verschieben Grenzen.
Tag 3: Wir haben zwei große und anspruchsvolle Touren in den Beinen. Die Truppe nutzt den gestalterischen Freiraum und gemeinsam geht’s in den Klettergarten der Lindauer Hütte. Abseilen und Ablassen stehen auf dem Programm. Sicherungstechnik ist wichtig. Für Leib und Psyche. Schon faszinierend, was Knoten und ein bisserl Technik bewirken.
Wir steigen gemeinsam in die Felsen und wie im Fluge vergeht die Zeit. Es macht allen riesigen Spaß.
Weg sind Angst und Zurückhaltung. Sie sind Sicherheit und gemeinsamen Handeln gewichen. Aus einer zusammengewürfelten Truppe ist in vier Tagen ein achtsames Team geworden. Eine tolle Erfahrung.
Die Zeit im Berg neigt sich dem Ende zu. Gemeinsam geht’s nun 600 Höhenmeter talwärts zum Bus. Da bleibt sogar die Möglichkeit einer Pause auf einer Blumenwiese. Genuss pur!
Wunderschöne, lehrreiche und sehr herausfordernde Tage liegen hinter uns. Jeder hat gelernt. Jeder hat Grenzen erlebt, Neues angenommen und Höhenangst überwunden, alles unter professioneller Anleitung und größtmöglicher Sicherheit.
Danke an unsere Guides. Danke an dieses tolle Team. Der DAV Wiesbaden und seine Aktiven haben uns angepiekst und Lust auf mehr geweckt.
Das, was wir am meisten brauchen, ist ein Mensch, der uns dazu bringt, das zu tun, wozu wir fähig sind.
R.W.Emerson
Eindrücke der Teilnehmer:
Steffi:
Unter Anleitung meine Grenzen austesten und Neues lernen, das wollte ich. Ich habe herausgefunden, was mir Spaß macht und liegt. Das Hüttenerlebnis – mal was ganz anderes, auch das Lagerschlafen.
Hardi:
Ich konnte die verschiedenen Schwierigkeitsgrade mal real erleben und Grenzen erfahren. Hüttenübernachtung und im Team Bergsteigen hat mir sehr viel Spaß gemacht.
Sonka:
Es war cool weil ich neue Sachen probieren konnte, die sonst nicht möglich gewesen wären. Nette Truppe, Schneefeldgehen, Gipfel und Klettersteig waren cool und haben mir richtig viel Spaß gemacht. Tolle Aussichten.
Susan:
Ich habe meine Grenzen verschoben. Hätte nie gedacht, den Klettersteig zu schaffen. Ein echtes Team. Es war anspruchsvoller als vermutet, aber klasse mit langen, sehr schönen Touren. Der Schlafraum ist schon eine schöne Erfahrung, die nicht missen möchte.
Frank:
Die Gruppe gibt Sicherheit und erzeugt im positiven Sinne Dynamik. Wir haben einen anspruchsvollen schönen Klettersteig geschafft und hatten ein wunderschönes Gipfelerlebnis – geile Stimmung.
Fyn:
Das waren meine ersten Erfahrungen in den Bergen. Hat riesig Spaß gemacht. Habe meine Höhenangst gut im Griff gehabt. Bergsteigen ist toll, aber kommt nicht an Snowboarden ran :). Ich fand es herausfordernd – das war der Kick für mich.
Nicole:
Ich bin stolz auf das Erreichte. Irre, wo wir rauf sind und in all der Steinlandschaft lächelten uns immer wieder Blumen entgegen- schön!
Guido:
Der Kurs bietet ein gutes Konzept mit großer Vielseitigkeit. Von Bergrettungsdienst, Transport im Biwaksack, viel situatives Wissen. Gut herangeführt, ganz ohne Angst. Bringt die Berge und die Aktivitäten, die Technik näher.
Annette:
Das war eine schnelle Truppe, hart im Nehmen, die mich auf Trab gehalten hat. Ich kam richtig ins Schwitzen. Es waren sehr nette und lehrreiche Tage. 🙂
Oli:
Klettersteige sind jetzt Ponyhof für mich :). Die erlernte und angewendete Technik gibt mir Sicherheit. Erstaunlich, wie gut Sohlen beim Bergsteigen haften und helfen. Guido als Personal Coach hinter mir gab mir die Sicherheit im Klettersteig. Sehr homogene Truppe. Tempo und Höhenmeter gemeinsam gemeistert.
Volker:
Das Bergsteigen war für mich die nächste Stufe im Berg. Ich habe viel darüber und über mich gelernt. Neben Technik insbesondere, wie entscheidend das eigene Tempo und Ruhe sind. Ich hätte Bergsteigen vorher nicht als solch intensiven Teamsport angesehen. Ich habe mich auch in Grenzsituationen immer gut und sicher gefühlt. Das lag insbesondere an tollen Guides, die immer da waren und an dem so schönen Sport.
Uta:
Ich wollte Grundprinzipien am Berg, Materialkunde und deren Wichtigkeit sowie Funktion vermitteln. Das war eine homogene, lustvolle und wissbegierige Truppe, ohne Bedenken und mit großer Disziplin. Das Team hat Freiräume genutzt, um zu lernen und kontrolliert Grenzen zu erfahren und zu verschieben. Ich wollte die Schönheit der Berge und des Bergsteigens transportieren. Lust auf mehr machen. Es hat mir viel Spaß gemacht.
… [Trackback]
[…] Read More here: dav-wiesbaden.info/bergsteigen-von-ponyhof-und-blumenwiese/ […]