Der Moselsteig – zum Dritten!

Nach zwei sehr erlebnisreichen Fronleichnamswanderungen in den Jahren 2020 und 2021 haben wir es nun zum dritten Mal geschafft, einen großen Abschnitt des Moselsteigs zu durchwandern.

Der Moselsteig mit insgesamt 365 Kilometern Gesamtlänge ist offiziell in 24 Etappen durch Wälder, Weinberge und entlang des Moselufers eingeteilt. Wir bewegten uns in diesem Jahr zwischen der 10. und 15. Etappe, also von Mülheim-Brauneberg bis nach Zell und haben somit einen weiteren großen Schritt in Richtung Moselmündung zum Deutschen Eck in Koblenz getan.

Schon im Vorfeld zeichnete sich ab, daß es für mittlerweile mehr als 25 Wanderer nur sehr schwer möglich ist, am langen Fronleichnamswochenende fortlaufende Übernachtungsmöglichkeiten zu finden. So blieb zuletzt nur die Möglichkeit, sämtliche Übernachtungen in dem kleinen Hotel Ehses in Zeltingen zu buchen. Dies stellte für Regina und Matthias eine zusätzliche organisatorische Herausforderung dar, um die jeweiligen Tagestouren mit unterschiedlichem Start- und Zielpunkt auf die Fahrpläne und auch an das Abendprogramm anzupassen.

Wir Teilnehmer waren happy, denn so konnten wir zumindest an zwei Tagen mit nur kleinem Gepäck wandern. Angesichts der Hitzewelle mit Höchsttemperaturen von über 36° C war uns das sehr recht. Durch das gerade eingeführte 9-Euro-Ticket waren An- und Abreise sowie die täglichen Transfers mit Regionalzug und Bus abgedeckt.

 

Tag 1: Von Traben-Trarbach nach Zeltingen

Los ging es am Donnerstagmorgen ab Wiesbaden Hauptbahnhof. Nach Umstiegen in Koblenz und Bullay erreichten wir gegen Mittag mit der sogenannten “MoselWeinBahn” noch vollkommen nüchtern den kleinen Bahnhof in der beschaulichen Weinstadt Traben-Trarbach.

Von dort machten wir uns sozusagen “falsch herum”, nämlich entgegen der Fließrichtung der Mosel und entgegen der ausgewiesenen Moselsteig-Etappen auf den Weg zu unserem Ziel in Zeltingen-Rachtig. Nach einem ersten Anstieg erreichten wir das im Inneren der Moselschleife gelegene Hochplateau, den sogenannten Mont Royal. Den Namen verdankt es wohl den französischen Besatzern im 17. Jahrhundert, die dort unter Ludwig XIV. im Zeitraum von 1687 bis 1697 eine riesige Vauban`sche Festungsanlage errichteten. Nur um sie nach widrigen Friedensverhandlungen (gemäß den Bestimmungen des Friedens von Rijswijk vom 30. Oktober 1697) schon vor endgültiger Fertigstellung im Jahre 1698 selbst wieder zu schleifen.

Der weitere Weg führte uns bei herrlichem Wetter entlang der Grenzlinie zwischen Wald und Wingert oberhalb der Moselorte Wolf, Kröv, Kinheim und Ürzig. Immer wieder legten wir aufgrund der Hitze kurze Trinkpausen ein. Der entlang der steil abfallenden Schieferhänge angelegte Schiefer-Lehrpfad zeigte uns, wie wichtig dieses Ausgangsgestein für den Weinbau und die typische Struktur des Moselrieslings ist. Von überregionaler Bekanntheit sind die Weinlagen Wolfer Goldgrube, Kröver Nacktarsch und Ürziger Würzgarten.

Am späten Nachmittag erreichten wir nach mehr als 23 km hungrig und erschöpft das Kloster Machern. Dieses gegenüber von Zeltingen-Rachtig gelege ehemalige Kloster am Moselufer ist heute ein urtümlich anmutendes großes Brauhaus im bayerischen Stil. Wir dankten dem Herrn und genossen das selbstgebraute Dunkel und deftige Speisen.

Nach einer weiteren kurzen Wanderung erreichten wir unser Hotel in Zeltingen, wo nach diesem langen Tag sehr schnell Nachtruhe angesagt war.

 

Tag 2: Von Mülheim(-Brauneberg) Brücke nach Zeltingen (Gruppe 1) bzw.

von Zeltingen nach Bernkastel (Gruppe 2)

Der Tag beginnt mit einem von den liebenswerten Wirtsleuten vorzüglich zubereiteten Frühstück.

Regulärer Einstieg zur heutigen Tagesetappe ist der Endpunkt der letztjährigen Abschlußetappe an der Brücke in Mülheim-Brauneberg. Aufgrund der schon am frühen Morgen spürbaren großen Hitze bieten Regina und Matthias der Gruppe für diesen Tag ein alternatives (Schon-)programm an.

Etwa die Hälfte der Gruppe entschied sich dazu, gemeinsam mit Mattias den Bus in Zeltingen zu besteigen und moselaufwärts zum Tagesstartpunkt nach Mülheim zu fahren, um von dort insgesamt ca. 22 km weit über Bernkastel zurück nach Zeltingen zu wandern. Für den Rest der Gruppe führte der Weg von Zeltingen aus gegenläufig rechts der Mosel auf eine Höhe von ca. 400 m NN oberhalb der Weinberge. Herrliche Aussichten auf das Moseltal, zahlreiche erntereife Wildkirschen und ebenso zahlreiche Trinkpausen lassen uns auch diesen Tag trotz großer Hitze genießen.

Nachdem wir den Weinort Graach oberhalb passiert haben, erreichen wir nach etwa 16 Tageskilometern die alte Weinstadt Bernkastel mit ihren engen Gäßchen und teils uralten Fachwerkhäusern. Für die Heimreise nach Zeltingen buchten wir uns gemeinsam mit zahlreichen anderen Moseltouristen auf dem Moseldampfer MS Traben-Trarbach ein. Vorbei an den berühmten Weinlagen Bernkasteler Doktor, Graacher Himmelreich, Wehlener Sonnenuhr und Zeltinger Sonnenuhr ging die Fahrt bis zur Staustufe in Zeltingen.

Auch ein besonderes Erlebnis! Im Rahmen der Schiffbarmachung der Mosel als Großschifffahrtsstraße wurde die Staustufe Zeltingen 1964 als eine von insgesamt 28 Staustufen, davon 10 deutschen Staustufen zwischen Trier und Koblenz, fertig gestellt. Die Schleuse dient ebenfalls als Wasserkraftwerk mit einer Leistung von 13,6 MW.

Ein weiteres Highlight folgte am Abend im Weingut Leo`s in Zeltingen. Vater Leo, Mutter Dorothee und der höchst engagierte Sohn und Jungwinzer Johannes Kappes führten uns durch einen sehr unterhaltsamen und informativen Weinprobierabend mit verschiedensten Weinen und leckerem Essen.

Tag 3: Von Traben-Trarbach nach Reil (Gruppe 1) bzw. nach Enkirch (Gruppe 2)

Und wieder erwartet uns ein sehr heißer Tag. Nach gutem Frühstück fuhren wir mit Bus, Bahn und nochmals Bahn erneut nach Traben-Trarbach. Leider blieb keine Zeit, die berühmte Weinstadt mit ihren wirklich einzigartigen Jugendstilvillen zu erkunden. Dies sollten wir uns unbedingt für einen anderen Besuch vornehmen.

Wir starteten am kleinen Bahnhof in Traben, orographisch links der Mosel, überquerten die Moselbrücke nach Trarbach und nahmen dort den steilen Anstieg auf die Grevenburg. Erbaut um 1350 war sie bis 1437 Stammsitz der Grafen von Sponheim. In den Kriegswirren des 17. und 18. Jahrhunderts wechselte die Burg dreizehnmal den Besitzer. 1734 wurde sie von den Franzosen erobert und zerstört. Von der Burgruine aus bietet sich ein herrlicher Blick auf die Doppelstadt und die Moselschleifen.

Auf horizontaler Linie liefen wir nun weitgehend durch Wald bis zum kleinen Ort Starkenburg mit der gleichnamigen Burg aus dem Jahre 1325. Der Ort liegt wie ein Adlerhorst auf 250 m NN über den Weinbergen und bietet einen atemberaubenden Ausblick. Kein Wunder, daß die Grafschaft Sponheim genau hier eine Burg errichten ließ, von der aber nur noch wenige Mauerreste erhalten sind.

Nach einer kleinen Rast und erneuten Trinkpause (die Hitze läßt grüßen!) machten wir uns auf in Richtung Enkirch. Über dem bewaldeten Seitental erkannten wir einen hoch am Himmel kreisenden Schwarzstorch. Ein großes Glück, diesen höchst seltenen und sehr scheuen Vogel zu beobachten.

Nach ca. 11 km erreichten wir nach längerem Abstieg das pittoreske Weindorf Enkirch. Steile enge Gäßchen und zahlreiche Fachwerkhäuser prägen das Ortsbild. Wir kehrten in einem kleinen Weingarten ein und wegen der Hitze teilten wir uns anschließend erneut auf. Eine Gruppe trat hier mit dem Bus die Heimfahrt nach Zeltingen an, die Harten wanderten weiter bis nach Reil und kehrten von dort nach ca. 15 km mit Bahn und Bus zurück nach Zeltingen.

Nach einem gemütlichen Abendessen im hoteleigenen Restaurant ließen wir bei nachlassender Hitze (nur noch 34°C statt 36°C) den Abend auf den Moselwiesen ausklingen.

 

Tag 4: Von Reil nach Zell

Und wiederum erwartete uns ein heißer Tag. Der Topographie mit den zahlreichen Moselschleifen geschuldet nahmen wir den Bus in die Eifel nach Wittlich, von dort ging es mit dem Zug zurück nach Bullay und von dort weiter mit der Mosel-Wein-Bahn weiter nach Reil. Insgesamt ca. 45 Bahnkilometer um das Luftlinie gerade mal 10 km entfernte Moseldorf zu erreichen.

Vom Bahnhof in Reil wanderten wir durch Weinberge und Wald auf das Hochplateau in Richtung der Marienburg. Von der am Waldrand gelegenen Drieschhütte, einem kleinen Ausflugskiosk, hat man einen herrlichen Ausblick auf die Mosel, das am linken Moselufer gelegene Alf und das am rechten Moselufer gelegene Bullay. Weiter ging es zu dem auf 235 m NN gelegenen Aussichtsturm Prinzenkopf. Ein 2009 neu errichteter Aussichtsturm, der in unterschiedlicher Bauweise ursprünglich bereits im Jahre 1899 an gleicher Stelle errichtet worden war. Und es lohnte sich, trotz anstrengender Wanderung bei großer Hitze den ca. 27 m hohen Turm über die 130 Stufen zu besteigen. Von dort oben bietet sich eine phantastische Aussicht über die Moselhänge aufwärts und abwärts der Mosel rund um Zell, den gesamten Zeller Hamm.

Man sieht hier die Mosel gleich mehrfach, daran aufgereiht die Weindörfer Reil, Pünderich, Briedel, Zell, Bullay und Alf; eingerahmt von Weinbergen und den bewaldeten Höhen von Eifel und Hunsrück. Die Mosel braucht hier ganze 14 Kilometer, um diesen Bergkamm zwischen Reil und der Bullayer Brücke zu umfließen. Dabei liegen die beiden Enden der Schleife nur etwa 450 m Luftlinie voneinander entfernt.

Und wer davon nicht genug kriegen kann, schaut sich das alles nochmals auf der webcam am Prinzenkopfturm an https://www.mosel-webcams.de/prinzenkopf-webcam/

Weiter ging es auf dem Bergkamm zu der bereits im 12. Jahrhundert erwähnten altehrwürdigen Marienburg. Sie liegt auf dem Petersberg, einer Anhöhe in der Moselschleife von Zell und Kaimt. Nach einer wechselvollen Geschichte dient sie heute als Jugendbildungsstätte des Bistums Trier. Von dort aus führte uns der Weg weitgehend hangparallel oberhalb der Weinberge in Richtung Zell. Nach einem steilen Abstieg erreichten wir schließlich im Zeller Ortsteil Kaimt das Moselufer. Gegenüber lag unser Tagesziel Zell mit seiner berühmten Weinlage Zeller Schwarze Katz. Auf der Fußgängerbrücke, die Kaimt mit Zell verbindet, hielten wir inne und ließen die Tour nochmals Revue passieren.

Anspruchsvolle Wanderungen, wunderschöne Landschaften, herausforderndes Wetter und eine rundum gelungene Planung durch Matthias und Regina lassen schon jetzt Vorfreude auf eine Fortsetzung unserer Wanderung auf dem Moselsteig im nächsten Jahr aufkommen.

 

Bericht: Bernhard Klein

Fotos: Teilnehmerinnen und Teilnehmer